Die uneinheitliche Regelung der Erbschaftssteuer in Spanien führt zu bedeutenden regionalen Unterschieden bei Steuertarifen und Freibeträgen. Leider geht damit nur selten eine Reduzierung der Steuerbelastung bei deutschen Erbfällen einher. Auf was muss man achten?
Die spanische Erbschaftssteuer ist auf staatlicher Ebene per Gesetz 29/1987 vom 18. Dezember 1987 geregelt. Neben hohen Steuersätzen, die in Ausnahmefällen bis zu 81,6% erreichen können, sieht dieses Gesetz nur sehr geringe Steuerfreibeträge vor. So kommen Angehörige der Steuerklasse II (Kinder, die älter als 21 Jahre sind, und Ehegatten) gerade einmal in den Genuss eines Steuerfreibetrages von € 15.986,57. Zum Vergleich in Deutschland: € 500.000,00 für den Ehegatten und € 400.000,00 für jedes Kind. Dazu kommen unflexible Regelungen zum Abzug von Lasten und Nachlassverbindlichkeiten, was erklärt, warum die spanische Erbschaftssteuer im europäischen Vergleich eine der höchsten Steuern ihrer Art ist.
Die Erbschaftssteuer ist allerdings in Spanien nicht einheitlich geregelt und die Regelungskompetenz liegt in bestimmten Bereichen bei den siebzehn Autonomen Gemeinschaften, die den deutschen Bundesländern ähneln. Dies gilt unter anderem für die Regelung der Steuertarife und Steuerfreibeträge. Immer mehr Autonome Gemeinschaften machen hierbei von dieser Zuständigkeit Gebrauch und sehen bedeutende Steuerbefreiungen vor, um der oben erwähnten hohen Steuerbelastung entgegenzuwirken. Dies führt zu einer regional sehr unterschiedlichen Ausgestaltung der Erbschaftssteuer, deren Vielfalt von einer praktischen Steuerbefreiung vor allem für nähere Angehörige bis hin zu der oben erwähnten hohen Steuerbelastung entsprechend der staatlichen Regelung reicht. Zu den Autonomen Gemeinschaften, in denen die Erbschaftssteuer für nähere Familienangehörige praktisch abgeschafft wurde, zählen unter anderem das Baskenland, Navarra, Cantabria, Madrid, Castilla León und La Rioja. Bedeutende Steuerbefreiungen sehen unter anderem Valencia, die Balearen und die Kanarischen Inseln vor. Katalonien passt aktuell seine Erbschaftssteuer bis zum 01. Juli 2011 stufenweise an, was zu einer erheblichen Reduzierung gerade für die näheren Angehörigen des Erblassers führen wird. Je nachdem, ob man sich an der Costa del Sol, der Costa Blanca oder der Costa Brava befindet, fällt daher die Erbschaftsteuer niedriger oder höher aus.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme dieser autonomen Steuerbefreiung ist aber immer, dass Erblasser und Erbe ihren Wohnsitz in Spanien haben. Dies wird oft übersehen und ist bei deutsch-spanischen Erbfällen keineswegs der Regelfall, da sich entweder der Erblasser oder der Erbe, in den wenigsten Fällen aber beide Personen gleichzeitig in Spanien aufhalten. Entgegen anderweitiger Gerüchte ist auch nicht etwa der Belegenheitsort des Feriendomizils innerhalb einer bestimmten Autonomen Gemeinschaft für die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung massgeblich.
Selbst wenn sich der deutsche Erblasser und der Erbe beide in Spanien aufhalten, z.B. weil beide Ehegatten ihren Wohnsitz nach Spanien verlegt haben, eine deutsch-spanische Mischehe vorliegt oder sich Erblasser und Erbe aus anderen Gründen in Spanien aufhalten, ist Artikel 28 des spanischen Gesetzes 22/2009 vom 18. Dezember 2009 zu beachten: Danach findet die jeweilige autonome Steuerbefreiung nur dann Anwendung, sofern der Erblasser zumindest fünf Jahre vor dem Ableben seinen gewöhnlichen Wohnsitz durchgängig in dieser Autonomen Gemeinschaft hatte. Kurzfristige Umzüge des Erblassers nach Spanien aus steuerlichen Gründen bleiben daher ausser Betracht. Dies gilt übrigens auch bei Umzügen innerhalb Spaniens, die aus steuerlicher Sicht überlegt sein wollen, da dies zur Anwendung der ungünstigen staatlichen Regelung führen kann, sofern damit ein Wechsel der Autonomen Gemeinschaft verbunden ist.
Des weiteren sollte beachtet werden, dass für einen gewöhnlichen Aufenthalt nicht etwa nur eine Meldung des Erblassers beim Einwohnermeldeamt genügt. Entscheidend ist der tatsächliche Aufenthalt in der jeweiligen Autonomen Gemeinschaft, der in jeder Form nachgewiesen werden kann. Massgeblich sind damit nicht alleine behördliche Meldungen, die allenfalls Indizwirkung entfalten, sondern auch Umstände wie z.B. Mitgliedschaften in Berufskammern oder Clubs, der Ort der Abgabe von Steuererklärungen, Verträge mit örtlichen Versorgungsunternehmen, Mietverträge und Bankkonten, um nur einige zu nennen.
Bei deutsch-spanischen Sachverhalten sollte daher die Anwendbarkeit der jeweiligen autonomen Steuerbefreiungen stets genauestens geprüft werden. Sollte eine Anwendbarkeit wie so oft ausscheiden, bleibt die Möglichkeit, die hohe Steuerbelastung der staatlichen Regelung zu Lebzeiten im Wege der vorweggenommen Erbfolge oder durch eine geschickte Lastenverteilung zu reduzieren. In jedem Fall sollten Sie sich aber frühzeitig um eine geordnete Erfolge kümmern und um Rechtsberatung nachsuchen, um steuerliche Nachteile möglichst zu vermeiden.
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