Mit dem Gesetz 4/2013 vom 04. Juni zur Einführung von Massnahmen zur Flexibilisierung und Förderung des Mietmarkts von Wohnungen reformierte der Gesetzgeber das spanische Mietrecht und die Wohnraummiete grundlegend. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen die Massnahmen den Mietmarkt stimulieren, der in Spanien im europäischen Vergleich immer noch weitgehend brach liegt. Die Änderungen betreffen hierbei im Wesentlichen das Gesetz zur Vermietung städtischer Wohnungen und das Zivilverfahrensrecht, wobei ein deutlich vermieterfreundlicher Ansatz verfolgt wird. Die wichtigsten Änderungen sollen im nachfolgenden kurz vorgestellt werden.
Mehr Vertragsfreiheit. Bei der Wohnraummiete sind die gesetzlichen Bestimmungen in Spanien grundsätzlich zwingend und andere Regelungen nur ausnahmsweise möglich. Den Parteien des Mietvertrages wird nun bei der Ausgestaltung des Mietvertrages eine grössere Freiheit eingeräumt. Die unterschiedliche Behandlung zwischen kurzfristigen Verträgen und solchen mit einer Laufzeit von mehr als fünf (5) Jahren wird aufgegeben. Vermietungen an Touristen werden gänzlich vom dem Gesetz zur Vermietung städtischer Wohnungen (LAU) ausgenommen und anderweitig geregelt.
Kürzere Mindestlaufzeiten. Vermieter und Mieter können wie bislang die Vertragslaufzeit bei der Wohnraummiete frei vereinbaren. Die gesetzlichen Mindestlaufzeiten zugunsten des Mieters werden allerdings von bisher fünf auf drei Jahre reduziert. Bei Vereinbarung einer kürzeren Laufzeit verlängert sich das Mietverhältnis nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit zugunsten des Mieters damit jährlich nur noch bis höchstens drei Jahre.
Kürzere Verlängerung nach Ablauf der Mindestlaufzeit. Nach Ablauf der erwähnten Mindestlaufzeit verlängert sich das Mietverhältnis zukünftig höchstens um ein weiteres Jahr (statt wie bisher bis zu drei Jahre), sofern nicht eine der Parteien vorher mit einer Frist von 30 Tagen kündigt. Sofern die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages keine längere Mietzeit vereinbaren, wird dies zukünftig in aller Regel nach drei (3) Jahren, aber spätestens nach vier (4) Jahren die Vereinbarung eines neuen Mietvertrages erforderlich machen.
Kürzere Kündigungsfristen. Galt bislang bei Mietverträgen mit einer Laufzeit von unter fünf Jahren, dass eine Kündigung des Mieters nur zum Ende der vereinbarten Mietlaufzeit bzw. zum Ende der jährlichen Verlängerung möglich war, gilt bei der Wohnraummiete zukünftig für den Mieter eine deutlich flexiblere Kündigungsfrist von dreissig (30) Tagen, sofern das Mietverhältnis zumindest sechs (6) Monate bestand. Im Mietvertrag kann allerdings bei einer vorzeitigen Kündigung eine Entschädigung von einer Monatsmiete pro verbleibendem Vertragsjahr vereinbart werden. Dies macht bei Abschluss des Mietvertrages eine Abwägung der Mietlaufzeit erforderlich.
Erleichterter Eigenbedarf. Es entfällt die Verpflichtung den Eigenbedarf bereits im Mietvertrag festzuhalten. Nach dem ersten Mietjahr kann der Vermieter die Wohnung für sich oder bestimmte nähere Angehörige beanspruchen. Die Kündigungsfrist beläuft sich in diesem Fall auf zwei (2) Monate.
Flexiblere Anpassung der Mietzahlung. Bislang war die Wohnraummiete in Spanien in den ersten fünf (5) Jahre an den Verbraucherpreisindex (IPC) geknüpft. Diese Regelung entfällt und die Anpassung der Miete hängt zukünftig von der vertraglichen Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter ab.
Ausschluss des Vorkaufsrechts. Zukünftig kann unabhängig von der Vertragslaufzeit das Vorkaufsrecht des Mieters vertraglich ausgeschlossen werden.
Ausschluss des Rechts auf Vertragseintritt. Bei Ableben des Mieters besteht für bestimmte Familienangehörige ein Recht auf Übernahme des Mietvertrages. Dieses Recht erfährt nun deutliche Einschränkungen und kann zukünftig vertraglich ausgeschlossen werden, sofern sich der Todesfall nach Ablauf der Mindestlaufzeit von drei (3) Jahren ereignet.
Kauf bricht Miete. In Spanien können Mietverträge im Eigentumsregister eingetragen werden. Geschieht dies nicht führt dies – anders als bisher – beim Verkauf der Wohnung durch den Eigentümer zum Erlöschen des Mietverhältnisses. In diesem Fall kann der neue Eigentümer vom Mieter die Räumung verlangen. Ähnliches gilt, sofern der Eigentümer auf andere Weise sein Eigentumsrecht verlieren sollte (z.B. im Wege der Zwangsversteigerung, da er seine Hypothek nicht zahlen konnte). Dies macht aus Mietersicht erforderlich, bei der Anmietung genau zu prüfen, ob seitens des Vermieters eine Verkaufsabsicht besteht. Im Zweifel sollte die Eintragung im Eigentumsregister erfolgen.
Register säumiger Mieter. In diesem neuen Register werden rechtskräftige Urteile gegen Mieter wegen rückständiger Mietzahlungen verzeichnet. Vermieter können sich so vor Abschluss eines Mietvertrages über das Zahlungsverhalten des Mietinteressenten informieren.
Schnellere Räumungen. Einmal mehr wird die ‚Express Räumungsklage‘ (desahucio express) bei der Wohnraummiete reformiert. Die Ladung des säumigen Mieters und die Vollstreckung werden vereinfacht. Danach soll bereits bei einem Mietrückstand von einem (1) Monat eine Räumung innerhalb von zehn (10) Tagen möglich werden, wobei der Mieter die Räumung mit Zahlung (enervación) verhindern kann.
Ausdrückliches Ziel der Reform ist den Markt an Mietwohnungen zu stimulieren und flexibler zu gestalten. Diese Zielsetzung erstaunt. Nach dem Platzen der Immobilienblase stehen in Spanien Millionen von Wohnungen leer, die sich nicht verkaufen lassen. Die Wohnraummiete erscheint deshalb als einzige Alternative, um diesem Leerstand zu begegnen. Inhaltlich zeigt die Reform einen deutlich vermieterfreundlichen Ansatz, der die Risiken einseitig zu Lasten des Mieters verschiebt. So gesehen scheint die Reform daher eher auf eine Minimierung der Risiken der Inhaber dieser Immobilien ausgerichtet zu sein, die sich überwiegend in Händen des Finanzsektors befinden.
Es bleibt daher abzuwarten, ob sich das Angebot an Mietwohnungen mit dieser Reform tatsächlich erhöht. Vor allem bleibt aber abzuwarten, ob bei dieser Ausgangslage das Angebot auf Mieterseite auch angenommen wird. Aus der Sicht des Mieters muss jedenfalls bei Abschluss des Mietvertrages nun noch genauer dessen Ausgestaltung abgewogen werden. Dies gilt vor allem mit Blick auf die Mietdauer und die Eintragung im Eigentumsregister.
Die Massnahmen sind am 06. Juni 2013 in Kraft getreten und gelten für alle Mietverträge, die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden. Alte Mietverträge richten sich nach den bisherigen Bestimmungen, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren.
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Hinweis zu Änderungen
Mit dem Königlichen Gesetzesdekret 21/2018 vom 14. Dezember zur Verabschiedung dringender Massnahmen für Wohnungen und Miete wurden die hier kommentierten Massnahmen der Mietrechtsreform teilweise rückgängig gemacht. Nähere Informationen zu der Mietrechtsreform 2018 finden sich hierzu in dem folgenden Beitrag:
Reform des Mietrechts: Die wichtigsten Änderungen