Erbschaftssteuer und Ungleichbehandlung von Nicht-Residenten – Kommission verklagt Deutschland

Der Abbau der Diskriminierung von Nicht-Residenten im Rahmen der Erbschafts- und Schenkungssteuer ist seit längerem ein Anliegen der Europäischen Kommission. Deutschland gerät nun erneut wegen der Ungleichbehandlung bei der Regelung der persönlichen Freibeträge ins Fadenkreuz.

Hintergrund ist die unterschiedliche Ausgestaltung der persönlichen Freibeträge bei unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht. Wohnt der Erblasser und/oder dessen Erbe in Deutschland, beläuft sich der Freibetrag des Erben abhängig vom Verwandtschaftsgrad auf bis zu € 500.000,00. Leben allerdings beide, Erblasser und Erbe, im Ausland, unterliegen diese in Deutschland nur der beschränkten Steuerpflicht für die dort befindlichen Nachlassgegenstände. In diesem Fall reduziert sich der persönliche Freibetrag auf € 2.000,00. Daneben gibt es weitere Einschränkungen beim Versorgungsfreibetrag, bei der Anrechnung ausländischer Erbschaftssteuer oder beim Schuldenabzug. Diese Ungleichbehandlung kann bei Gebietsfremden zu deutlich höheren Steuerbelastung führen. 

Der Europäische Gerichtshof hatte bereits in der Rechtssache Mattner (Rs. C-510/08) festgestellt, dass eine Ungleichbehandlung von Nicht-Residenten europarechtswidrig ist und gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstösst, sofern der Wohnsitz von Erblasser und Erbe in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union liegt. Deutschland hatte daraufhin mit dem Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz seine Gesetzgebung angepasst und für Nicht-Residente die Möglichkeit vorgesehen, zur unbeschränkten Erbschaftssteuerpflicht zu optieren. Sofern daher der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in Spanien hatte, aber Nachlassgegenstände in Deutschland vorhanden sind, kann der ebenfalls in Spanien ansässige Erbe auf diesem Weg in Deutschland in den Genuss der höheren Freibeträge gelangen.

Nach Auffassung der Europäischen Kommission geht diese Optionsmöglichkeit, die auch für Schenkungen gilt, allerdings nicht weit genug und verstösst wegen Ungleichbehandlung weiterhin gegen die europarechtlichen Vorgaben. Dies ist nachzuvollziehen, da zum einen die Freibeträge nicht automatisch, sondern nur auf Antrag Anwendung finden. Zum anderen führt die Ausübung der Option dazu, dass der Vermögensanfall in Deutschland insgesamt der unbeschränkten Erbschaftssteuerpflicht unterliegt und damit dort zu versteuern ist.

Nachdem auf die begründete Stellungnahme keine Abhilfe erfolgte, hat die Europäische Kommission nun in dieser Angelegenheit Klage vor dem EuGH erhoben. Die Entscheidung steht aus.

© 2012 Andreas Fuss Abogado & Rechtsanwalt · Rechtliche Hinweise · Kontakt