Europäische Kommission nimmt steuerlichen Vertreter ins Visier

Bereits seit längerem hat die Europäischen Kommission die Auflage für Nicht-Residente im Visier, in einem anderen Mitgliedstaat der EU einen dort ansässigen steuerlichen Vertreter zu benennen. Nun hat die Kommission in dieser Frage auch gegen Spanien Klage eingereicht.

Das Erfordernis, dass nicht gebietsansässige Personen und Unternehmen einen steuerlichen Vertreter mit Wohnsitz in Spanien zu benennen haben, findet sich in der spanischen steuerlichen Gesetzgebung an zahlreichen Stellen. Der steuerliche Vertreter ist zur Abführung der Nicht-Residentensteuer genauso erforderlich wie für die Erbschaftssteuererklärung, die Anmeldung einer neu gegründeten Gesellschaft beim Finanzamt oder die Beantragung einer spanischen Steuernummer durch ein ausländisches Unternehmen, um nur einige zu nennen. Seinen allgemeinen Ausdruck findet dieses Erfordernis in Art. 47 der spanischen Allgemeinen Abgabenordnung (Gesetz 58/2003); ein Gummiparagraph, wonach die Steuerbehörden immer dann auf der Bestellung eines steuerlichen Vertreters bestehen können, wenn sie dies für erforderlich halten. 

Diese Auflage führt nicht selten zu praktischen Problemen und zusätzlichen Kosten, da die nicht in Spanien ansässige Person oder das gebietsfremde Unternehmen dort regelmässig über keinen Ansprechpartner verfügt. Dies macht oftmals die Einschaltung von Berufsträgern mit den hiermit verbundenen Mehrkosten erforderlich, abgesehen von dem mit der Bestellung verbundenen bürokratischer Mehraufwand.

Hiergegen wendet sich die Europäische Kommission, die in dieser Frage am 22. Dezember 2011 gegen Spanien im Rahmen eines Vertragsverleztungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof Klage erhoben hat (Az. C-678/11). Im konkreten Fall geht es um in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässige Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften, die in Spanien betriebliche Rentensysteme bzw. Dienstleistungen anbieten. Nach Auffassung der Kommission verstösst die hiermit verbundene Auflage zur Benennung eines steuerlichen Vertreter in Spanien gegen die in den Verträgen verankerte Dienstleistungsfreiheit. Gleichzeitig stelle dies auch eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit jener Personen und Unternehmen dar, die in einem anderen Mitgliedstaat als Spanien ansässig sind und dort tätigen Organisationen oder natürlichen Personen ihre Dienstleistungen als steuerliche Vertreter anbieten möchten.

Bereits im letzten Jahr untersagte der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 05. Mai 2011 (Az. C-267/09) Portugal eine ähnliche Auflage. In diesem Verfahren, in dem Spanien als Streithelfer auf Seiten Portugals auftrat, verwies der Europäische Gerichtshof u.a. auf die verschiedenen Richtlinien zur gegenseitigen Amtshilfe der Mitgliedstaaten im Bereich des Steuerrechts und wies insbesondere das Argument zurück, die Bestellung eines steuerlichen Vertreters sei zur steuerlichen Kontrolle und dem Kampf gegen die Steuerhinterziehung unabdingbar. Es bleibt abzuwarten, ob der Europäische Gerichtshof auch im Fall Spaniens diese Linie zum steuerlichen Vertreter weiterverfolgt, was wahrscheinlich ist.

In der Praxis bedeutet der steuerliche Vertreter einen nur schwer nachvollziehbaren Mehraufwand und Stolperstein für Investitionen. Dies ist umso weniger nachvollziehbar, da das spanische Finanzamt immer mehr auf elektronische Kommunikationsmittel setzt, was faktisch den Nutzen eines steuerlichen Vertreters obsolet macht. Ein Wegfall dieser Verpflichtung wäre daher zu begrüssen.

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