Viele Unternehmen rekrutieren ihre Führungskräfte aus den eigenen Reihen. Das Personal lernt dabei das Unternehmen zunächst als Arbeitnehmer kennen, bevor der Karrieresprung zum leitenden Angestellten folgt. Dies ist in Spanien nicht anders als in Deutschland. Was passiert aber nach dem spanischen Arbeitsrecht bei der Beförderung zum leitenden Angestellten mit dem zuvor bestehenden Arbeitsverhältnis?
Warum kommt diese Frage überhaupt auf?
Arbeitnehmer und leitende Angestellte unterliegen unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen. Die wichtigsten Regelungen für einen Arbeitnehmer finden sich neben dem Tarifvertrag im spanischen Arbeitnehmerstatut. Ein leitender Angestellter unterliegt dagegen in erster Linie den besonderen Bestimmungen des spanischen Gesetzes zu den leitenden Angestellten, dem Königlichen Gesetzesdekret 1382/1985 vom 01. August.
Was bedeutet das für das Anstellungsverhältnis?
Die Einzelheiten würden den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Kurz zusammengefasst kann aber gesagt werden, dass der Gesetzgeber von einem leitenden Angestellten deutlich mehr Eigenverantwortung erwartet. Dies drückt sich in einem geringeren gesetzlichen Schutzstandard aus. Die Kündigung eines leitenden Angestellten ist einfacher und die gesetzliche Abfindung geringer als bei einem Arbeitnehmer. Diese Nachteile werden mit einer grösseren Freiheit bei der Verhandlung des Anstellungsvertrages ausgeglichen.
Beispiel: Bei einer unzulässigen ausserordentlichen Kündigung hat ein leitender Angestellten einen Anspruch auf eine gesetzliche Abfindung von 20 Tagen pro Betriebsjahr mit einem Höchstbetrag von 12 Monaten, falls keine Wiedereinstellung erfolgt. Die Abfindung eines gewöhnlichen Arbeitnehmers beläuft sich dagegen auf 33 Tage pro Betriebsjahr mit einem Höchstbetrag von 24 Monaten. Bei einer ordentlichen Kündigung verringert sich die gesetzliche Abfindung sogar auf 7 Tage pro Betriebsjahr. In beiden Fällen kann der leitende Angestellte aber andere Regelungen und höhere Abfindungen vereinbaren, was in seiner Verantwortung liegt.
Was ist ein leitender Angestellter?
Leitende Angestellte ist Personal, das selbständig und vollverantwortlich dem Unternehmen eigene Befugnisse in Bezug auf deren allgemeine Ziele ausübt, lediglich beschränkt durch die Kriterien und Anweisungen der obersten Leitungs- und Geschäftsführungsorgane des Unternehmens.
Ist damit jeder Arbeitnehmer mit Vollmachten ein leitender Angestellter?
Nein. Leitende Angestellte gehören zum Spitzenmanagement. Sie sind von gewöhnlichen Arbeitnehmern mit leitenden Funktionen abzugrenzen, die dem mittleren Management zuzuordnen sind. Die Abgrenzung ist in der Praxis allerdings oftmals nicht einfach.
Ist bei der Beförderung zum leitenden Angestellten ein neuer Vertrag abzuschliessen?
Grundsätzlich ist mit dem leitenden Angestellten ein schriftlicher Anstellungsvertrag abzuschliessen. Für die Einstufung als leitender Angestellter ist dies aber nicht entscheidend.
Was geschieht mit dem zuvor bestehenden Arbeitsvertrag?
Dies hängt von den Vereinbarungen der Parteien ab. Diese können ausdrücklich vereinbaren, dass der neue Anstellungsvertrag als leitender Angestellter den bisherigen Arbeitsvertrag ersetzen oder dieser nur vorläufig ruhen soll. Wird die Ersetzung vereinbart, entfaltet diese Vereinbarung seine Wirkung allerdings erst nach dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Abschluss der Vereinbarung. Zwischenzeitlich ruht das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis.
Was passiert, wenn das Anstellungsverhältnis als leitender Angestellter beendet wird?
Wurde die Ersetzung vereinbart und ist die Zwei-Jahres-Frist abgelaufen, ist das Anstellungsverhältnis beendet. Ruhte dagegen das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis, lebt dieses mit der Beendigung der Anstellung als leitender Angestellter wieder auf und der Arbeitnehmer kann die Wiedereinsetzung in seine vorherige Stellung als gewöhnlicher Arbeitnehmer verlangen, sofern der Arbeitgeber nicht auch das ruhende Arbeitsverhältnis kündigt.
Und wenn die Parteien keine Vereinbarung treffen?
Dann ruht das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis. Mit Beendigung der Anstellung als leitender Angestellter kann der Arbeitnehmer wieder die Einsetzung in seine vorherige Stellung verlangen.
Was bedeutet das für die Praxis?
Sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer müssen sich bewusst sein, dass sich die Beförderung zum leitenden Angestellten auf die eine oder andere Weise auf den zuvor bestehenden Arbeitsvertrag auswirkt. Es sollte daher immer ausdrücklich vereinbart werden, was mit diesem Arbeitsverhältnis geschehen soll und ob dieses ersetzt wird oder ruhen soll. Ein Blick in die Rechtsprechung zeigt allerdings, dass bei der Ersetzung genau formuliert werden muss. Andernfalls sind bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses als leitender Angestellter böse Überraschungen vorprogrammiert.
© 2019 Andreas Fuss Advocat & Rechtsanwalt
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