Krisenzeiten sind Reformzeiten und im Moment spart der spanische Gesetzgeber nicht mit Änderungen. Dies betrifft auch das spanische Gesellschaftsrecht. Mit dem Gesetz 25/2011 vom 01. August 2011 wurde das Gesetz zu den spanischen Kapitalgesellschaften grundlegend überarbeitet.
Der Reform liegt als Leitmotiv die Verringerung des Verwaltungsaufwands für Kapitalgesellschaften und der hiermit verbundenen Verwaltungskosten zugrunde. In weiten Teilen werden hierfür die Regelungen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (SL) und Aktiengesellschaft (SA) vereinheitlicht und die Unterschiede zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Aktiengesellschaften reduziert. Im Übrigen dient die Reform der Umsetzung der EU-Richtlinie 2007/36.
In diesem Sinne führt die Reform konsequent den Ansatz des Königlichen Gesetzesdekrets 13/2010 fort, das die Möglichkeit der Einberufung der Hauptversammlung der Gesellschaft mittels Bekanntmachung auf der Homepage des Unternehmens einführte. Diese Regelung, die eine Reihe von praktischen Fragen offen lies, wird nun zum ‚Elektronischen Unternehmenssitz‘ ausgebaut. Der elektronische Sitz des Unternehmens ist nicht mit seinem tatsächlichen Sitz zu verwechseln. Gemeint ist ein Online Portal, das in der Zukunft wohl allgemein für Bekanntmachungen dienen wird; sich im Moment aber auf die Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung beschränkt. Die Einrichtung dieses Portals ist der Gesellschaft freigestellt, wobei die Zuständigkeit bei der Hauptversammlung der Gesellschaft liegt. Der Beschluss ist im Handelsregister einzutragen; die Eintragung kann allerdings durch die Mitteilung an alle Gesellschafter ersetzt werden. Für die Verlegung und Aufhebung des elektronischen Sitzes ist die Geschäftsführung zuständig. Die Entscheidung zur Verlegung oder Aufhebung ist ebenfalls im Handelsregister einzutragen oder alternativ allen Gesellschaftern mitzuteilen und gleichzeitig zumindest 30 Tage online zu veröffentlichen. Die Reform beschäftigt sich auch mit einem der neuralgischen Punkte dieser Form der Bekanntmachung: Dem Nachweis der form- und fristgerechten Einstellung der Einberufung auf dem Online Portal. Online Medien sind manipulierbar, weshalb dieser Punkt nicht wenig Kopfzerbrechen bereitete. Die Reform optiert hierbei für die Verantwortung der Geschäftsführung und stellt klar, dass für die ordnungsgemässe Einstellung künftig deren Versicherung genügt. Im Endergebnis wird hierdurch die Beweislast verlagert: Einwände gegen die Versicherung der Geschäftsführung bleiben möglich; ihr Beweis obliegt aber dem, der die ordnungsgemässe Einstellung und Bekanntmachung der Einberufung bestreitet.
Bezüglich der Einberufungsfristen wird klargestellt, dass bei einem Antrag der Minderheit der Gesellschafter auf Einberufung der ausserordentlichen Hauptversammlung die Geschäftsführung diese zu ihrer Abhaltung innerhalb von zwei Monaten ab Erhalt der notariellen Aufforderung einzuberufen hat. Diese Regelung beseitigt bislang vorhandene Widersprüche und gilt unabhängig von der Gesellschaftsform für alle Kapitalgesellschaften.
Gleichzeitig wird die Form der Einberufung gelockert, was vor allem die Aktiengesellschaft betrifft. Künftig wird auch bei dieser Gesellschaftsform möglich sein, in der Satzung auf die kostenintensivere Bekanntmachung der Einberufung im Amtsblatt des Handelsregisters (BORME) zu verzichten und diese durch eine individuelle und schriftliche Mitteilung an die Gesellschafter zu ersetzen. Ausgenommen von dieser Regelung bleiben nur börsennotierte Aktiengesellschaften oder Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien.
Die Bekanntmachungspflichten und Formalitäten werden auch in anderen Bereichen gelockert: Die Hinterlegung des Geschäftsjahresabschlusses ist künftig nicht mehr im Amtsblatt des Handelsregisters (BORME) zu veröffentlichen und es entfällt die Beglaubigung der Unterschrift des Geschäftsführers zu dessen Hinterlegung beim Handelsregister. Ausserdem sind bestimmte Satzungsänderungen für ihre Eintragung im Handelsregisters künftig nicht mehr vorab in einer grösseren Tageszeitung am Sitz der Gesellschaft zu veröffentlichen.
Bezüglich der Wahl ihres Geschäftsführungsorgans können bei der Aktiengesellschaft künftig in der Satzung verschiedene Formen der Geschäftsführung vorgesehen werden, was bislang nur bei der spanischen GmbH möglich war. Dies erspart nun auch bei der SA die mit einem Wechsel des Geschäftsführungsorgans verbundenen Kosten einer Satzungsänderung.
Haben sich die Gesellschafter für einen Verwaltungsrat als kollegiales Geschäftsführungsorgan entschieden, genügt künftig für dessen ordnungsgemässes Zusammentreten die Einberufung durch ein Drittel seiner Mitglieder, falls der Vorsitzender des Verwaltungsrates deren Aufforderung zur Einberufung nicht nachkommt.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die nähere Regelung der juristischen Person als Geschäftsführer der Gesellschaft, die bisher bereits anerkannt, aber nur rudimentär geregelt war. Es wird klargestellt, dass die juristische Person als Geschäftsführer nur eine natürliche Person als ihren Vertreter zu benennen hat. Eine Benennung mehrerer natürlicher Vertreter ist damit nicht möglich. Wichtiger ist aber, was nicht geregelt wurde: Die Haftung des natürlichen Vertreters. War in dem Gesetzesentwurf noch vorgesehen, die Haftung des juristischen Person als Geschäftsführer der Gesellschaft auf die natürliche Person als ihren Vertreter zu erstrecken, ist davon in der endgültigen Gesetzesfassung nichts mehr zu finden. Damit ist klargestellt, dass der natürliche Vertreter nur der Geschäftsführung gegenüber verantwortlich ist; Dritten gegenüber aber nicht direkt für die Handlungen der Geschäftsführung in Haftung genommen werden kann.
Als weitere Neuerung kann die Aktiengesellschaft künftig in der Satzung andere als die gesetzlich vorgesehenen Gründe zum Ausschluss eines Aktionärs vorsehen, was bislang nur bei der spanischen GmbH möglich war.
Darüber hinaus werden die Sanktionen bei untersagten Geschäften mit eigenen Aktien und Gesellschaftsanteilen ausgeweitet
Im Übrigen wird der Auflösungsgrund der Gesellschaft mangels Geschäftstätigkeit unabhängig von der Gesellschaftsform vereinheitlicht. Das Gleiche gilt für die automatische Ernennung der Geschäftsführer als Liquidatoren der aufgelösten Gesellschaft mangels anderweitiger Regelung sowie der Rechte und Pflichten der Liquidatoren. Der Auflösungsbeschluss der Aktiengesellschaft ist künftig nicht mehr in einer grösseren Tageszeitung am Sitz der Gesellschaft bekannt zu machen. Besondere Erwähnung verdient ausserdem, dass zukünftig der Liquidator nicht mehr gehalten ist Grundeigentum der Gesellschaft im Wege der öffentlichen Versteigerung zu veräussern, sondern dieses freihändig verkaufen kann.
Die umfangreichen Änderungen sind am 02. Oktober 2011 in Kraft getreten.
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