Arbeitsvertrag zur Unterstützung der Unternehmer

Mit dem Königlichen Gesetzesdekret 3/2012 vom 10. Februar 2012 hat die spanische Regierung eine der grundlegensten Reformen des Arbeitsmarkts seit dem Übergang zur Demokratie verabschiedet. Einer der wesentlichen Pfeiler dieser Reform ist der unbefristete Arbeitsvertrag zur Unterstützung der Unternehmer (contrato de trabajo por tiempo indefinido de apoyo a los emprendedores), der im nachfolgenden kurz vorgestellt werden soll. 

Als Folge der Dauerkrise weist Spanien die höchste Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union auf. Dies betrifft in besonderem Masse junge Arbeitnehmer, bei denen die Arbeitslosigkeit zwischenzeitlich fast jeden Zweiten erfasst hat. Dauerarbeitslosigkeit und ein latent hoher Prozentsatz von Zeitarbeitsverträgen sind weitere Symptome eines zerrütteten Arbeitsmarkts. Hiergegen wendet sich die Reform, wobei sich der neue Vertragstyp an die kleinen und mittleren Unternehmen richtet, die für 99% der Beschäftigung in Spanien sorgen.

Eine Anstellung setzt nach diesem Arbeitsvertrag voraus, dass der Arbeitgeber nicht mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigt und in den letzten sechs Monaten vor Anstellung keine unzulässige betriebsbedingte Kündigung (despido objetivo) oder Massenkündigung (despido colectivo) ausgesprochen hat. Die Anstellung muss unbefristet und Vollzeit sein. Befriste Arbeitsverträge oder Teilzeitbeschäftigungen unterfallen daher nicht diesem Vertragstyp.

Besonderes Kennzeichen des neuen Vertragstyps ist die Probezeit, die auf ein Jahr erweitert wird. Dies ist erheblich länger als die bisherige Probezeit, die nach Arbeitnehmergruppe und Grösse des Unternehmens bei zwei bis sechs Monaten lag, sofern keine andere Vereinbarung im Tarifvertrag getroffen wurde.

Im übrigen finden auf den neuen Vertragstyp die allgemeinen Regelungen für den unbefristeten Arbeitsvertrag Anwendung. Es gelten daher auch bei diesem Vertragstyp bei unzulässiger Kündigung (despido improcedente) –  die weitaus häufigste Kündigungsform in Spanien – die neue Abfindungsregelung. Damit wird die Abfindung des Arbeitnehmers auf 33 Tage (vorher 45 Tage) Gehalt pro Betriebsjahr mit einem Höchstsatz von 24 Monaten reduziert, sofern der Arbeitgeber – wie üblich – nicht zur Wiedereinstellung optiert. In diesem Fall entfallen nach der Reform bei einem Arbeitsprozess auch die Verfahrensgehälter (salarios de tramitación). Im Zusammenspiel mit der erweiterten Probezeit ist daher die Kündigung bei dem neuen Vertragstyp bis zu einem Jahr praktisch frei und danach für den Unternehmer mit einem erheblich geringeren Kostenrisiko verbunden.

Entsprechend der Zielsetzung wird die Anstellung bestimmte Arbeitnehmergruppen mittels steuerlicher Anreize und Reduzierung der Lohnnebenkosten besonders gefördert:

Bei arbeitslosen Arbeitnehmern, die bei Anstellung mindestens drei Monate arbeitslos gemeldet waren, kann der Arbeitgeber einen Betrag in Höhe von 50% des im Zeitpunkt der Anstellung noch bestehenden Anspruchs des Arbeitnehmers auf Arbeitslosengeld steuerlich absetzen. Handelt es sich um den ersten Arbeitsvertrag des Unternehmens und wird dieser mit einem Arbeitnehmer unter 30 Jahren abgeschlossen, kann zusätzlich ein Betrag von € 3.000,00 steuerlich abgesetzt werden. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer neben seinem Gehalt auch nach Anstellung 25% des Restanspruchs auf Arbeitslosengeld weiterbeziehen, wobei der Bezug freigestellt ist.

Gleichzeitig werden bei einem Arbeitsvertrag mit Arbeitslosen die Sozialversicherungsbeiträge reduziert. Bei Arbeitslosen zwischen 16 und 30 Jahren werden gestaffelt über die ersten drei Jahre der Anstellung die Beiträge bis zu einem Gesamtbetrag von € 3.300,00 reduziert; bei arbeitslosen Frauen unter bestimmten Voraussetzungen bis € 3.600,00. Gefördert wird auch die Anstellung von Arbeitslosen über 45 Jahren. Unter bestimmten Voraussetzungen beläuft sich die Förderung insoweit in den ersten drei Jahren der Anstellung auf bis zu € 3.900,00 und bei Frauen auf bis zu € 4.500,00. Diese Förderungen bestehen zusätzlich zu etwaigen sonstigen Vergünstigungen.

Die vorgenannten steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vergünstigungen setzen voraus, dass das Arbeitsverhältnis zumindest drei Jahre beibehalten wird. Bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsvertrags sind die Förderungen nachzuzahlen. Ausgenommen hiervon ist die vorzeitige Beendigung infolge einer zulässigen ausserordentlichen Kündigung des Arbeitsnehmers durch den Unternehmer (despido disciplinario procedente) oder die Beendigung des Arbeitsvertrages aus Gründen, die in der Sphäre des Arbeitsnehmers liegen (Kündigung, Tod, Pensionierung oder Erwerbsunfähigkeit des Arbeitnehmers).

Die Arbeitsrechtsform ist nicht unumstritten und Grund des Generalstreiks, der von den Gewerkschaften für den 29. März 2012 ausgerufen wurde. Unabhängig hiervon wurde die Reform, die von der Regierung per Notverordnung verabschiedet wurde, am 08. März 2012 vom Kongress vorläufig bestätigt. Gleichzeitig beschloss der Kongress, die Reform vor ihrer endgültigen Bestätigung als Gesetzesentwurf im beschleunigten Verfahren zu verhandeln. Es sind deshalb zukünftig noch Änderungen denkbar. Im Moment findet die Reform aber uneingeschränkt Anwendung.

Das Reformpaket ist am 12. Februar 2012 in Kraft getreten.

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